Barock Zappler

Barock-Tischuhr

Diese Tischuhr, ein sogenannter „Barock-Zappler“ aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (um 1720), stellt ein bemerkenswertes Zeugnis der damaligen Uhrmacherkunst dar.

Insbesondere in der Grenzregion zwischen Oberösterreich und Bayern (Passau liegt nahe der österreichischen Grenze) entwickelte sich zu jener Zeit ein reger Austausch in den Bereichen Kunsthandwerk und Uhrmacherei.


1. Allgemeine Merkmale und Einordnung

  1. Bezeichnung „Zappler“

    • Als „Zappler“ (oder „Zappeluhr“) bezeichnet man Tisch- oder Pendeluhren mit einem sehr kurzen, über dem Zifferblatt liegenden Pendel, das durch seine raschen Schwingungen leicht „zappelt“. Gerade bei kleinformatigen Barockuhren war diese Bauweise beliebt, da man ein sichtbares Pendel wünschte, das jedoch nicht viel Platz beanspruchte.

    • Dieses typische Kurzhub-Pendel verleiht der Uhr einen unverwechselbaren Charme und ist ein essenzielles Erkennungsmerkmal für Sammler und Kenner.

  2. Stil des Barock (um 1720)

    • Die rundbogige, teils geschwungene Silhouette und die aufwändig gravierten, mit Ranken- und Blattmotiven verzierten Metallflächen spiegeln den barocken Sinn für dekorativen Überschwang wider.

    • Auch die Form des Zifferblatts, die kräftigen römischen Ziffern und die kunstvoll geschwungenen Zeiger passen in die barocke Formensprache.

  3. Signatur „Rieff Passau“

    • Die Gravur des Uhrmachers oder Werkstattnamens belegt die Herkunft aus Passau. Um 1720 war es durchaus üblich, dass Meisterwerke grenzübergreifend vertrieben und geschätzt wurden.

    • Die Signatur steigert den historischen und sammlerischen Wert, da eine konkrete Zuschreibung an einen Hersteller bzw. eine Werkstatt die Authentizität untermauert.


2. Technische Details

  1. Uhrwerk mit Spindelgang

    • Der Spindelgang (auch „Spindelhemmung“ genannt) war vom 17. bis ins beginnende 19. Jahrhundert die gängigste Hemmung für Uhren in Europa. Er zeichnet sich durch zwei kleine, quer zur Welle stehende Spindeln aus, die einen Kronradantrieb hemmen.

    • Dieser Mechanismus war zwar relativ ungenau im Vergleich zu späteren Ankerhemmungen, galt jedoch im frühen 18. Jahrhundert als bewährt und verlässlich.

  2. Tageswerk

    • Ein „Tageswerk“ bedeutet, dass das Uhrwerk auf 24 Stunden Laufzeit ausgelegt ist. Diese Uhr muss also täglich aufgezogen werden. Bei Barock-Tischuhren war dies keine Seltenheit, da eine längere Gangdauer meist ein größeres Werk und ein größeres Gehäuse erfordert hätte.

    • Das tägliche Aufziehen war seinerzeit kaum ein Nachteil, sondern gehörte zum rituellen Umgang mit einer wertvollen Uhr.

  3. Gehäuse und Zifferblatt

    • Die Uhr verfügt über eine metallene Frontplatte, vermutlich aus versilbertem Messing oder fein versilbertem Kupferblech (seltener echtes Silberblech, das punziert wäre).

    • Die fein gravierten, teils durchbrochenen Verzierungen mit Voluten, Ranken und Blattwerk sind typische barocke Dekorelemente.

    • Die römischen Stundenziffern sind auf einem kreisrunden Ring angeordnet, darunter ggf. eine Minuteneinteilung (oft zusätzlich mit arabischen Zahlen). Die Zeiger sind geschwungen und kunstvoll durchbrochen gearbeitet, was zu der eleganten Barockästhetik beiträgt.

  4. Pendellage

    • Bei einem Zappler befindet sich das Pendel direkt vor oder hinter dem Zifferblatt (je nach Konstruktion). 

    • Der Pendelstab ist meist filigran, damit die raschen Schwingungen gut sichtbar sind.


3. Historischer und kultureller Kontext

  1. Barock in Mitteleuropa

    • Um 1720 befanden sich sowohl das Habsburgerreich (mit Wien als kulturellem Zentrum) als auch die benachbarten Gebiete Bayerns bzw. Passau in einer kulturellen Blütephase. Architektur, Musik (etwa die Werke von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel) und Kunsthandwerk (einschließlich Uhrmacherei) profitierten vom Einfluss einer wachsenden höfischen und bürgerlichen Auftraggeberschaft.

    • Barockuhren waren repräsentative Statussymbole, die man sich oft in gehobeneren Bürgerhäusern oder beim Adel leistete.

  2. Uhrmachertradition in Passau

    • Passau, an der Donau und nahe der österreichischen Grenze gelegen, war ein wichtiges Handels- und Handwerkszentrum. Bekannt ist die Stadt u. a. für Metallkunst, Schwertschmiedekunst und eben auch Uhrmacherei.

    • Die Signatur „Rieff Passau“ ist ein Zeugnis der regen Uhrmachertätigkeit vor Ort. Solche signierten Stücke erreichten oft auch Auftraggeber in Oberösterreich und anderen habsburgischen Landesteilen.

  3. Verbreitung und Bedeutung

    • Barocke Zappleruhren galten als kunsthandwerklich hochwertige Sammlerstücke. Heute zählen sie zu den begehrten Antiquitäten im Bereich historischer Zeitmesser.


4. Zusammenfassung

Diese Barock-Tischuhr („Zappler“) mit täglichem Aufzug und Spindelhemmung ist ein ausgesprochener Blickfang und ein historisches Meisterwerk der Uhrmacherkunst um 1720. Mit ihrer fein ziselierten, barocken Front, dem kurz schwingenden Pendel und der Signatur „Rieff Passau“ verkörpert sie das Kunsthandwerk einer kulturell florierenden Zeit.

  • Zeitlicher und stilistischer Kontext: Barocke Formensprache, feine Gravuren, Pendel im Sichtbereich.

  • Technische Merkmale: Spindelgang, Tageswerk (einmal täglich aufzuziehen), typisches Zappler-Pendel.

  • Erhalt und Wert: Fachgerechte Wartung, überprüfte Originalteile und ein stimmiges Gesamtbild sind entscheidend für Authentizität und Sammlerwert.

Für Sammler und Liebhaber barocker Zeitmesser ist dieser „Zappler“ weit mehr als ein Zeitzeiger: Er ist ein kunst- und kulturhistorisches Dokument, das in seiner eleganten, lebendigen Erscheinung den Geist einer glanzvollen Epoche spürbar macht.

Fakten

Artikel-N°

391505

Kategorie

Uhren

Bezeichnung

Barock Zappler

Abmessungen

Höhe 17cm

eingestellt am

17.04.2025

Preis

auf Anfrage

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